An manchen stillen Vormittagen kann man im Grunewald wunderschöne Begegnungen erleben.
Heute war es eher eine Vision - ein graziles Wesen umgeben von einer ätherischen Aura, mit einem Fell im herrlich erstrahlenden Goldton, welches durch den Lichteinfall noch stärker akzentuiert wurde, der Wald drum herum dunkel, ein märchenhaftes Bild. Da ist es nur zu verständlich, wenn in Mythologie und Märchen von einem unwiderstehlichen Bann die Rede ist, den Rehe/Hirsche auf Jäger oder Betrachter ausübten, der durchaus überraschend enden konnte. Das Reh als mythologisches Windwesen lockt die Jäger in die Unterwelt/Anderswelt, führt sie in die Tiefen des Waldes, der Dunkelheit, die die Seele widerspiegelt. Unachtsame Naturen konnten sich darin verlaufen und viele von ihnen nicht mehr allein hinaus finden. Eine Metapher, die darauf hinweist, daß es schwer wird auf die Stimme des Herzens zu hören, wenn man den Verlockungen und Verführungen die Glanz und Gloria versprechen, erliegt. Von Täuschung, Begehren und Verlockung die in diesem Falle durch die Erscheinung eines Hirsches ausgelöst wird, erzählt die folgende Geschichte aus dem indischen Epos Ramayana: Raama und seine Frau Seeta verweilen gemeinsam mit seinem Bruder Lakshmana im Ashraam im Dandaka Wald im Exil. Der Weise Maarecha vom Volk der Raakshasa wird von seinem König Raavana beauftragt, mit einer List Rama zu täuschen, um dessen wunderschöne Frau Seeta zu entführen. Raavana will sich so an Raama für die angebliche Schmach die dieser seiner Schwester zugefügt hat und die getöteten Soldaten rächen. Er ist sich sicher, so Raama´s Herz zu brechen und ihn für immer zu vernichten. Alle guten Ratschläge seiner Brüder, Offiziere und Weisen, ganz besonders von Maarecha, am Hofe in den Wind schlagend, von diesem hinterhältigen Plan Abstand zu nehmen und Raama in einem ehrlichen Kampf gegenüber zu treten und zu töten, begibt er sich mit dem verzweifelten Maarecha, der seinem König die Treue geschworen hat, in die Nähe des Ashraams in den Wald von Dandaka. Hier verlangt er von Maarecha die versprochene Verwandlung in einen Hirsch. Der Weise befolgt den Befehl seines Königs, wohlwissend dass sich sein Dharma mit seiner Tötung durch Raama erfüllen wird, was sein einziger Trost ist und seine Befreiung darstellt. Seeta sammelt Blumen im Wald und bemerkt, wie ein stattlicher Hirsch die nahe Lichtung betritt. Es verschägt ihr Atem und Sprache als sie dieses wunderschöne und makellose Tier sieht, dessen Fell wie golden glänzt und mit feinsten Edelsteinen besetzt zu sein scheint, die, je nachdem wie sich das Tier dreht und wendet, immer wieder eine andere noch faszinierende Schattierung annehmen. Er tänzelt vor ihr, scheint keine Angst zu haben. In seinen Bann gezogen keimt in ihr der unwiderstehliche Wunsch auf, dieses Tier besitzen zu wollen und sie ruft laut nach ihrem Ehemann Raama. Dieser nähert sich erstaunt und seine Blicke schweifen über die vollendete Gestalt des Hirsches, der von ätherischer Schönheit ist. Es bedarf keiner großen Überredungskünste Seeta´s um in Raama den Jagdtrieb zu entfachen und für seine Liebste den Hirsch mit seinem Bogen zu fangen oder zu erlegen. Selbst wenn es sich um einen verwandelten Rakshaasa handeln sollte, der Erfolg wäre ihm so oder so sicher denkt er - entweder er hat den Hirsch für seine Seeta oder einen Rakshaasa weniger zu bekämpfen. Währenddessen nähert sich misstrauisch Lakshmana und ahnt sofort, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zu geht. Er warnt seinen Bruder, den er fest entschlossen sieht, das Tier zu jagen, hat jedoch keinen Erfolg. Raama gibt Lakshmana statt dessen den Auftrag, Seeta während seiner Abwesenheit nicht von der Seite zu weichen und sie zu beschützen, egal was passiert. Widerwillig lässt er Raama ziehen und befolgt dessen Wunsch. In der Zwischenzeit ist Seeta ganz aus dem Häuschen vor Vorfreude und kann Raama´s erfolgreiche Rückkehr kaum erwarten. Maarecha lockt indes in Gestalt des edlen Tieres Raama immer tiefer in den Wald, weit weg vom Ashraam, Seeta und Lakshmana. Als er sich sicher ist, daß Ravaana nun sein niederes Vorhaben Seeta zu rauben ungestört ausüben kann, hält er an und ruft in Raama´s Stimme verzweifelt nach Lakshmana, bevor ihn der tödliche Pfeil des heiligen Bogens trifft. Noch während er stirbt, gibt er sich Raama zu erkennen und bittet ihn um Verzeihung um in den Himmel zu den Göttern aufsteigen zu können. Raama gewährt ihm dies, sieht jedoch auch den großen Fehler den er begangen hat. Die Gewissheit, daß der standfeste und edle Lakshmana nicht von der Seite Seeta´s weichen wird bevor er wieder zurückkehrt, lässt seine Befürchtungen schwinden, wiegt ihn in Sicherheit. Die verzweifelten Rufe Raama´s aus der Ferne vernehmend, wendet sich Seeta an Lakshmana und bittet diesen, ihm sofort zu Hilfe zu eilen. Lakshmana bleibt unbeeindruckt, er kennt die Tricks der Rakshaasas und versucht dies Seeta zu erklären, die nicht verstehen kann weshalb dieser seinem Bruder in höchster Not nicht beistehen will. Doch sie ist taub für diese Art von Ausführungen, hört nur die Hilferufe ihres geliebten Mannes aus der Tiefe des Waldes und glaubt, daß Lakshmana Böses im Schilde führt. Sie fährt ihn an, beschimpft und beleidigt ihn in ihrer Not, ist ausser sich. Ihre Worte treffen wie giftige Pfeile sein Herz. Zutiefst aufgewühlt von den Anschuldigungen bleibt er unbeweglich und versucht sie zu beschwichtigen. Als sie bemerkt, daß Lakshmana um keinen Preis gewillt ist sich von ihrer Seite lösen, droht sie ihm, sich das Leben zu nehmen. Trotz der unmittelbaren Gefahr die Seeta droht wenn er sich in den Wald zu seinem Bruder begibt, muss Lakshmana ihrem Willen nachgeben, da er sieht, daß sie in ihrer jetzigen Verfassung mehr als bereit ist, sich zu töten. Er versucht sie ein letztes Mal davon zu überzeugen, das rakshaasische Kräfte hinter diesen Rufen stehen, sie sich wieder der Stimme ihres Herzens zuwenden und der göttlichen Kraft Raama´s vertrauen soll. Seeta hat jedoch keine Kontrolle mehr über ihre aufwühlenden Gefühle und versinkt im dunklen Ozean der Samskaras. Lakshmana macht sich auf den Weg zu seinem geliebten Bruder, lässt mit schwerem Herzen und ungläubigem Groll Seeta allein zurück. Das ist der Moment für Ravaana, der sich in Gestalt eines Eremiten mit freundlichen Gesten und schönen Worten Seeta am Eingang des Ashraams nähert. Sie ist so unglaublich schön trotz ihrer Verzweiflung, daß sich Ravaana unsterblich in sie verliebt und sie augenblicklich besitzen will. Sie grüßt ihn respektvoll, bietet im Früchte und Wurzeln. Der vermeintliche Weise schmeichelt ihr, spendet ihr Worte des Trostes und nutzt die Situation zu seinem Vorteil. Dabei kostet es ihn viel Kraft und Überwindung seinen Trieben Einhalt zu gebieten und nicht seine rakshaasische Gesinnung offen zu legen. Doch schon nach kurzer Zeit überwältigt ihn das Verlangen, sodaß er seine Verwandlung nicht mehr aufrecht erhalten kann. Seeta erkennt zu spät, mit wem sie es zu tun hat. Ravaana ergreift sie und zwingt sie rüde in sein himmlisches Gefährt. Seine rakshaasischen Züge, seine imponente, häßliche wie göttliche Gestalt in eine Rüstung aus Amiant gekleidet, treten nun zu Tage. Seeta wird vom König der Rakshaasas entführt, sein Untergang beginnt. Zur Vertiefung und zum besseren Verständnis der vedischen Texte finden jeweils 1 x im Monat Lesungen mit anschließender Gesprächsrunde statt, in der ausführlich auf die profunde Philosophie und Psychologie eingegangen wird. Genaue Termine bitte der Rubrik Termine - der philosophische Salon entnehmen oder erfragen.
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